Trauerbräuche

Trauerbräuche

Die Trauerbräuche in unserer Gesellschaft sind zur Zeit in deutlichem Wandel. Dabei ist die Art und Weise, in der ein Mensch bestattet worden ist, sicher nicht ausschlaggebend für sein Schicksal im Tod. (Auch die Ablehnung der kirchlichen Bestattung bedeutet keine Verdammung.) Dennoch ist es nicht vollkommen egal, wie wir Menschen bestatten. Die Bestattung soll die Würde des Verstorbenen zum Ausdruck bringen und den Hinterbliebenen hilfreich sein im Prozess des Trauerns. Zu einigen Punkten, die Sie als Betroffene in diesem Zusammenhang entscheiden müssen, möchte ich deshalb im Folgenden meine persönliche Sicht darlegen. Sie sind in Ihrer Entscheidung frei, aber vielleicht helfen Ihnen meine Gedanken, zu einem guten Entschluss zu kommen.

– Wenn Sie aus der Kirche ausgetreten sind: Teilen Sie das Ihren Angehörigen mit. So können sich die Angehörigen darauf einstellen, dass Sie nicht kirchlich bestattet werden. Manchmal erfahren das Angehörige erst nach dem Tod. Das ist nicht gut. Sie sind im Schmerz über den Verlust eines lieben Menschen gefangen, sie müssen im Zusammenhang mit dem Todesfall ohnehin viel erledigen. Und dazu kommt dann noch die Aufregung und die Unsicherheit, was nun mit der Bestattung wird. Ersparen Sie das Ihren Angehörigen.

– Wenn Sie am liebsten ohne jede Feier beerdigt werden möchten: Denken Sie an Ihre Angehörigen. Wenn ein nahestehender Mensch stirbt, können wir zunächst nicht wirklich begreifen, dass er/sie tot ist. Und doch müssen wir es begreifen. Wir müssen im Verlauf der Trauerzeit begreifen, dass der/die Tote nicht mehr da ist (zumindest nicht mehr hier bei uns ist). Und wir müssen lernen unser Leben neu zu gestalten – ohne ihn, ohne sie. Die Trauerfeier – wie immer sie aussieht – ist ein ganz wichtiger Schritt in diesem Prozess. Bringen Sie Ihre Angehörigen nicht darum. (Und bringen Sie sich als Angehöriger auch nicht darum. So schwer Ihnen dieser Gang auch wird. Ich bin überzeugt: Ohne diesen Gang wird es später noch schwerer).

– Wenn der/die Verstorbene verbrannt wird: Warten Sie nicht zu lange mit der Trauerfeier. Ein guter Zeitpunkt ist wenige Tage nach dem Tod, bevor der Sarg zur Einäscherung gefahren wird. Warten Sie nicht, bis die Urne aus dem Krematorium kommt, um dann die Trauerfeier im Zusammenhang der Urnenbeisetzung auf dem Friedhof zu halten. Das ist zu spät. Es tut uns, es tut unserer Seele gut, wenn sie schon bald nach dem Todesfall Abschied nehmen kann und damit weiter gehen kann in der Verarbeitung des Veslustes. Und es tut uns auch gut, wenn wir bei der Trauerfeier von dem/der Toten im Sarg Abschied nehmen können, nicht nur von der Asche in der Urne.

– Wenn Sie bei einer Erdbestattung statt Erde lieber Blumen ins Grab werfen möchten: Es ist schön, einem lieben Menschen als letzten Gruß eine hübsche Blume ins Grab zu werfen. Tun Sie das. Aber ersparen Sie sich nicht den Erdwurf. So furchtbar es klingt, wenn die Erde auf den Sarg fällt. Zum einen ist das der letzte Liebesdienst, den wir unseren Toten erweisen können: Dass wir sie nicht einfach verkommen lassen, sondern begraben und mit Erde schützend bedecken. Außerdem hilft uns der eigene Erdwurf, zu begreifen: Er/sie ist wirklich tot. Und das müssen wir, auch wenn wir es nicht wollen.

– Wenn Sie bitten möchten, von Beileidsbekundungen am Grab Abstand zu nehmen: Als Angehörige haben wir vor der Trauerfeier Angst. Und Angst macht uns auch die Vorstellung, dass dann vielleicht sehr viele Menschen kommen und uns die Hand schütteln. „Wie soll ich das überstehen?“ Trotz aller Angst: Sie werden es überstehen und es wird Ihnen gut tun. Es wird Ihnen gut tun, dass Menschen, ohne viel zu sagen, einfach durch den Händedruck mitteilen: „Ich denke an dich und an den Menschen, den du verloren hast.“ Und wenn Sie dabei für einen Moment die Fassung verlieren: Das ist nicht schlimm (auch für einen Mann nicht). Sie werden merken: Auch die Tränen helfen Ihnen.

– Wenn Sie keinen Beerdigungskaffee ausrichten wollen: Der Brauch des Beerdigungskaffees scheint uns manchmal geradezu pietätlos und barbarisch. Ich habe aber festgestellt: Er tut oft gut. Selbst wenn junge Menschen gestorben sind. Nach der Trauerfeier für einen Augenblick den Weg vom Tod ins Leben und und aus der Trauer ins Leben mitgehen. Bei allen Tränen vielleicht doch lachen können über eine schöne Erinnerung. Trotz des Verlustes die Geborgenheit im Kreis der Familie und der Freunde zu spüren. Das sind die guten Möglichkeiten, die in diesem alten Brauch stecken.

Pfr. Johannes Opfermann

nach oben